Verstehen sie das bestehende ökosystem

Gut konzipierte Initiativen und Digital-Tools berücksichtigen die besonderen Strukturen und Bedürfnisse, die in jedem Land, Region und Gemeinde vorhanden sind. Zeit und Ressourcen zu investieren, um das Ökosystem oder Umfeld zu analysieren, in dem Sie sich bewegen, wird dazu beitragen, sicherzustellen, dass die gewählten Technologiemittel relevant und nachhaltig sein werden und sich nicht mit bereits bestehenden Versuchen überlappen. Die Ökosysteme werden definiert durch die Kultur, die Geschlechterrollen, das politische Umfeld, die Wirtschaft, die technologische Infrastruktur und weitere Faktoren, die die Fähigkeit einer Person, Zugang und Nutzung zu einer Technologie zu erlangen oder an einer Initiative teilzunehmen, beinflussen können. Die Initiativen, die die Herausforderungen des Umfelds nicht berücksichtigen, werden wohl seltener die gesetzten Ziele oder Skalierung erreichen. Dies kann auch zu nicht beabsichtigten Folgen führen. Das Ökosystem ist fließend, facettenreich und im ständigen Wandel, und erfordert, dass die Digitalentwicklungs-Praktiker regelmäßig das Umfeld analysieren, um ihre Voraussetzungen zu überprüfen.

Erforschen Sie dieses Prinzip durch: Kerngrundsätze Projekt-Lebenszyklus Dargebotene Ressourcen

Kerngrundsätze

  • Schließen Sie sich mit Ihrer Zielgruppe kurz und ziehen Sie bestehendes Forschungsmaterial hinzu, um Verständnis für die Menschen, Netzwerke, Kulturen, Politik, Infrastruktur und Märkte, die Ihr Ökosystem ausmachen, zu entwickeln, bevor Sie Ihre Initiative oder Tool entwerfen.
 
  • Stimmen Sie sich früh mit anderen Umsetzungsorganisationen, der Bürgerlichen Gesellschaft und der Regierung ab, um über erfolgreiche und erfolglose Initiativen im Ökosystem zu erfahren, eine Überschneidung mit bestehenden Initiativen zu vermeiden und sich leichter in bestehende technische Systeme zu integrieren.
 
  • Stellen Sie sicher, dass Ihre Initiative sich mit den bestehenden technologischen, legalen und behördlichen Strategien deckt und berücksichtigen Sie auch die Strategien, die sich im Aufbau befinden.
 
  • Binden Sie die Community-Mitglieder, Geber, Regierungen auf lokaler und nationaler Ebene, und andere Umsetzungsorganisationen während des Projekt-Lebenszyklus mit ein.
 
  • Überwachen Sie das Ökosystem im Laufe des Projekt-Lebenszyklus auf Änderungen und gleichen Sie Ihre Produkte, Tools und Initiativen nach Bedarf an.

Projekt-Lebenszyklus

Die folgenden Empfehlungen, Tipps und Ressourcen stammen aus der Community für Digitale Entwicklung, um Ihnen Optionen für die Anwendung dieses Grundsatzes in jeder Phase des Projekts oder des Softwarelebenszyklus zu bieten. Diese Anleitung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie regt eher Vorgehensweisen an, die Sie anwenden können, um den Grundsatz in Ihre Arbeit aufzunehmen. Wenn Sie weitere Tipps, Ressourcen oder Kommentare beitragen können, teilen Sie diese bitte der Community im Forum für Digitale Grundsätze mit.

Analyse & Planung

Das Ökosystem zu verstehen setzt voraus, Daten zu sammeln, um die Kenntnisse in folgenden Bereichen zu vertiefen:
  • Menschen, die laut Produkt oder Programm zur Zielgruppe gehören, einschließlich Frauen, Kinder und Behinderte 
 
  • Die Gemeinde und das kulturelle und sozio-ökonomische Umfeld, in denen die Nutzer leben.
 
  • Das Markt- und Technologie-Umfeld, einschließlich der verwaltungstechnischen Erwägungen.
 
  • Die politische Landschaft, Strategien und Anordnungen.
 
  • Aktive Geber, Umsetzer und Digitalentwicklungsinitiativen im Umsetzungsbereich. (Die Daten können aus Forschungsergebnissen gesammelt werden, oder aus veröffentlichten Forschungen stammen, oder durch Befragung derjeniger, die schon vorher in diesem Umfeld tätig waren)
  Dieser Prozess ist der Hauptbestandteil der Initiativplanung. Eine gründliche Kontextanalyse, Schreibtischforschung, interpersonelle Interviews, Fokusgruppen und andere relevante Forschungsmethoden, wie z.B. die Digital-Leben-Methodologie, sollten vor Gestaltung und Einsatz stattfinden.   
  • Ermitteln Sie die Untersuchungsbereiche für Ihre Kontextanalyse. Das Rahmenwerk für Kontext-Analyse von Inklusiven Technologien in Projekten Sozialen Wandels des Labors für Sozialverträglichkeit erkennt folgende Bereiche, die bei der Planung zu analysieren sind und bietet Beispiele von Fragen, die zu beantworten sind:
    • Menschen: Welches ist das Bildungsniveau der Zielgruppenmitglieder? Mit welchen Digital-Tools sind sie vertraut?
 
  • Gemeinde: Wer sind die wichtigsten Gemeindeführungskräfte und Einflusspersonen? 
 
  • Marktumfeld: Ist der Mobilfunkmarkt wettbewerbsfähig? Welche Marktangelegenheiten sind ausschlaggebend für Ihren Sektor (z.B. Bankenvorschriften)?
 
  • Welche Infrastruktur ist bereits vorhanden? Was fehlt? Wieviel kostet es?
 
  • Politisches Umfeld: Sind die Bürger der Zensur oder der Digital-Überwachung seitens der Regierung ausgesetzt? Besteht eine Richtlinie in Bezug auf Kontrolle der Übermittlung von elektronischen Daten? Mit wem müssen Sie zusammen arbeiten?
 
  • Umsetzungsorganisationen: Inwieweit ist die Belegschaft geeignet, Digitalinitiativen umzusetzen?
 
  • Legen Sie laufende und vorige Digitalentwicklungsinitiativen fest. Stellen Sie fest, ob deren Erfolg oder Scheitern auf entscheidende Erwägungen des Ökosystems hinweisen. Misserfolge mit früheren Pilotversuchen könnten auch die Sichtweisen der Nutzer in Bezug auf ein neues Digital-Tool beeinflussen. 
 
  • Ermitteln Sie, welche weiteren Organisationen oder Geber in Ihrem Ökosystem tätig sind. Gelegentlich sind Gemeinden und Interessenvertreter mit Entwicklungspilotversuchen und -projekten überhäuft und deswegen wenig bereit, an neuen Initiativen zu partizipieren. Stellen Sie fest, ob es Plattformen, Ansätze oder Dienste gibt, auf die Sie aufbauen oder mit anderen Organisationen teilen können.
 
  • Ermitteln Sie etwaige lokale Technologiepräferenzen. Die Community dürfte über erhebliche Erfahrungen im Umgang mit bestimmten Geräten verfügen oder eine Präferenz für gewisse Mobilfunkanbieter haben, aufgrund von Faktoren wie Zuverlässigkeit des Netzwerks. Tauschen Sie sich mit Ihren Nutzern aus, um diese Präferenzen zu erkennen.
 
  • Erfassen Sie Nachforschungsbereiche die für Ihren Sektor maßgeblich sind. Als Besipiel: Praktiker, die mit Digital-Finanzdienstleistungen arbeiten, werden die bestehenden Finanzmarktvorschriften und die Bankeninfrastruktur analysieren müssen.
   
  • Erfassen Sie die örtlichen Verfahrensweisen, die Sie berücksichtigen und einhalten müssen. Wenn Sie im Umgang mit potenziellen Nutzern und Partnern die örtlichen Gepflogenheiten nicht erfassen und akzeptieren, dürfte Ihrer Initiative ein Misserfolg drohen. Wenn bestimmte Formalitäten befolgt werden im Umgang mit den Führungskräften und Entscheidungsträgern, wird zwar zusätzliche Zeit in Ihr Planungsprozess investiert werden müssen, aber Sie bauen damit eine starke Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und Zugehörigkeitsgefühl auf. Zum Beispiel, wenn die Zielgruppe Ihres Tools Frauen sind, dürfte es erst notwendig sein, die Zustimmung der Männer im Haushalt einzuholen, um sicher zu stellen, dass sie das Tool und seine Absicht verstehen und es unterstützen, statt argwöhnisch oder skeptisch auf die Nutzung der Technologie durch Frauen zu reagieren.

Tipps & Ressourcen

  • Tipp: Spezielle Toolkits bieten Anleitungen zur Durchführung von Kontextbewertungen für verschiedene Entwicklungssektoren, einschließlich der folgenden:
 
  • Leitfaden zur Nutzung digitaler Finanzdienstleistungen in der Landwirtschaft
 
  • Der Weg vom Bargeld zum elektronischen Zahlungsverkehr: Ein Toolkit für USAID-Umsetzungspartner und Entwicklungsorganisationen
 
  • Tipp: Wenn es für Ihre Initiative wichtig ist, das mobile Ökosystem zu verstehen, lesen Sie die Tipps und Prozesse im Handbuch Integrieren von Handys in Entwicklungsprojekte, das von FHI 360 veröffentlicht wurde.
   
  • Ressource: Rahmenwerk für Kontext-Analyse von Inklusiven Technologien in Projekten Sozialen Wandels, Social Impact Lab.